Erklärung
Ergonomie (griechisch „ergon“= menschliche Arbeit und „nomos“= Regel/Ordnung) bezeichnet heutzutage die Wissenschaft der „Anpassung von Bedingungen des Tätigseins an die Eigenschaften und Bedürfnisse der Menschen, um ihnen einen hohen Nutzen aller ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten zu ermöglichen.“ (Laurig). Es geht darum Arbeitsplätze und Arbeitsmittel (Werkzeuge, Maschinen, auch Stifte, etc.) an menschliche Bedürfnisse anzupassen. Die Anpassung der Arbeit und der Arbeitsmittel an den Nutzer führt zur Optimierung des Arbeitslebens, der Arbeitsmotivation und der Arbeitsergebnisse.
Da der Mensch von einer Vielzahl äußerer Einflüsse, wie Licht, Farbe, Schall, Schwingungen, Klima, Schadstoffe und Strahlung beeinflusst wird, behandelt ergonomische Gestaltung Bereiche, wie Gesundheit und Unversehrtheit bei der Anwendung, Steigerung von Wohlbefinden, Lebensfreude, sowie Arbeits- und Lebensqualität, wobei auch Nutzerzentiertheit und Wirtschaflichkeit.
Besondere Merkmale sind, dass zum einen der Mensch der Hauptfaktor des zu gestaltenden Systems ist und zum anderen, dass es immer um eine ganzheitliche Betrachtung geht, die den Menschen im Mittelpunkt sieht (z.B. wird ein Produkt vom Menschen, in einem bestimmten Arbeitsumfeld, mit einer definierten Arbeitsaufgabe, benutzt).
Ein wichtiger Faktor der Ergonomie ist zudem die Gebrauchstauglichkeit, die das Ausmaß angibt, in dem Produkte oder Dienstleistungen von einem bestimmten Benutzer im definierten Anwendungskontext (Aufgaben, Ausrüstung, Hilfsmittel, Nutzer, Ziele, Erwartungen, psychisches, physisches und soziales Umfeld) verwendet werden können, um spezifizierte Ziele effektiv (Maß für die Präzision und Vollständigeit der Zielerreichung), effizient (Verhältnis von Präzision und Vollständigkeit zum investierten Aufwand) und mit Zufriedenheit (positives Nutzungserlebnis ohne Beeinträchtigung des Nutzers) zu erreichen.
Ziel
Das Ziel der Ergonomie it es, dass Aspekte aus Technik, Medizin, Psychologie und Ökologie so kombiniert werden, dass Belastungen und Anstrengungen, die auf den Menschen einwirken durch Gestaltung reduziert bis eliminiert werden.
Dadurch sollen Gesamtsysteme entwickelt werden, in dem Produkte handhabbar und gebrauchstauglich sind, sowie vom Nutzer komfortabel anwendbar und der Arbeitsplatz ergonomisch gestaltet ist, um eine möglichst effiziente und fehlerfreie Arbeitsausführung zu ermöglichen und Mitarbeiter vor (gesundheitlichen) Schäden zu bewahren und dessen Wohlbefinden zu steigern.
Vorgehen
Die Ergonomie ist ein Konglomerat verschiedener Disziplinen. Zum Entwickeln eines ganzheitlichen Entwurfs ist es wichtig, sich mit den Fachrichtungen zu beschäftigen und für die ergonomische Gestaltung essenzielle Fakten zu kennen.
Teildisziplinen sind z.B.
- (Arbeits-)Psychologie/ Human Factors:
Das Spektrum behandelt Wahrnehmungs- und kognitionspsychologische Aspekte, wie auch menschliche Informationsverarbeitung, Konzetrations- und Motivationsfördernde Elemente.
Wobei „Human Factors“ insbesondere auf psychische, kognitive und soziale Faktoren in sozio-technischen-/ Mensch-Maschinen-Systemen ausgerichtet ist – es geht also darum Gesundheit, Wohlbefingen und Leistungsfägigkeit von Menschen z.B. am Arbeitsplatz oder auch im privaten Umfeld durch Analysen zu Optimieren. Der Begriff „Faktor Mensch“ fällt häufig in Sicherheitsfragen bezüglich Leistungs- und Fähigkeitsgrenzen und Fähigkeiten im Allgemeinen.
- Anthropometrie:
In der Ergonomie ist das Wissen um menschliche Maßverhältnisse und Bestimmung von menschen Maßen unumgänglich – hiermit beschäftigt sich die Anthropometrie. Es wird unterschieden zwischen der statischen Anthropometrie (Körperbau und -typen, Kräfte, die auf den Körper wirken und Stellungen der Körperteile zueinander) und der dynamischen Anthropometrie (Körperbewegungen und Bewegungsräume).
In der Anthropometrie fällt häufig der Begriff der „Perzentile“. Ein Perzentil gibt an, wie viel Prozent der Menschen kleiner-gleich dem angegebenen Wert sind (95. Perzentil = 5 Prozent sind größer). Basis für die Perzentile ist eine große Datenbank an Körpermaßen, aus der man die Häufigkeit herauslesen kann. In der Praxis werden vor allem die Werte zwischen dem 5. und dem 95. Perzentil beachtet, da hierbei immerhin 90% der Benutzer berückstichtigt werden, häufig wird zusätzlich das 50. Perzentil als eine Art Mittelmaß verstanden.
Das Problem an der Nutzung von normierten Werten ist allerdings, dass diese nicht uneingeschränkt angewendet werden können, da sich in der Praxis Unterschiede je nach Alter, Herkunft und Lebensbedingungen ergeben.
Aufgrund der hohen Interdisziplinarität der Ergonomie haben sich viele in sich komplexe Unterkategorien entwickelt, die es beim Entwurf eines neuen Produkts zu berücksichtigen gilt:
- Arbeitsmittel, oder Produkte werden nach Aspekten der Produktergonomie (auch „micro ergonomics“) gestaltet.
- Da Arbeitsmittel im Nutzungskontext entworfen werden sollten, müssen das Ziel der Arbeit, die Arbeitsaufgabe und -bedingungen, sowie die Mensch-Maschinen-Interaktion mitberücksichtigt werden, worauf die Produktionsergonomie ausgerichtet ist (auch „macro ergonomics“).
- Da der Mensch in Kombination mit Arbeitsmitteln, Technik und Arbeitsplatz ein System bildet, in dem Ergonomie eine Art Schnittstelle und Verknüpfung zwischen den Komponenten darstellt, hat sich das Teilgebiet der Systemergonomie etabliert. Hier werden vor allem Zuständigkeiten zwischen Mensch und Maschine festlegt, Funktionen auf- und zuteilt, sowie über das Ausmaß von Automatisierung und daraus resultierenden Bedingungen für den Anwender bestimmt.
- Software-Ergonomie ist mittlerweile eine sehr wichtige Kategorie, das fest im Interaction-Design verankert ist. Behandelt wird die die Steuerung und Interaktion mit Softwareoberflächen unabhängig davon, ob es sich um eine computergesteuerte Maschine, einen Fahrkartenautomaten, Unterhaltungssoftware oder Fahrzeugführung handelt
- Speziell für den Bereich der Fahrzeugführung wurde die Diziplin Fahrzeugergonomie gebildet, die im Zeitalter von Fahrassistenz- und Navigationssystemen, sowie Cockpit-Bedienung und autonomem Fahren bezogen auf Gebrauchstauglichkeit, Fahrerverhalten und -auswirkungen immer komplexer wird.
Tipp
- Ergonomisches Gestalten bietet viele Benefits:
Zum einen für die potentiellen Kunden von Produkten, Software und Dienstleistungen. Zum anderen sind gesunde Mitarbeiter motivierter, effektiver und produktiver, denn optimierte Arbeitsprozesse steigern persönliche Leistung. Durch die Reduzierung von Arbeitsausfallzeiten kommt es zu Kostenersparnissen und verbesserter Wirtschaftlichkeit.
- Von der International Ergonomics Association (IEA) wird die Ergonomie in drei große Bereiche eingeteilt:
- physical ergonomics (Anatomie, Anthropometrie, Physiologie, Biomechanik, …)
- cognitive ergonimics (Fähigkeiten, Wahrnehmung, Gedächtnis, …)
- organisational ergonomics (Arbeitsabläufe, -aufteilung, -zeiten, …)
Die Normen EN ISO 7250 (Wesentliche Maße des menschlichen Körpers für die technische Gestaltung), DIN 33402 (Körpermaße des Menschen), DIN 33408 (Körperumrißschablone) und DIN 33411 (Körperkräfte des Menschen) sind in Deutschland für ergonomisches Gestalten relevant.
Auf http://www.leuwico.com/ergonomie/einfuehrung-in-die-ergonomie finden sich noch weiterführende Beispiele zu „Ergonomie“.